06) Bundesland - Kärnten

– Das Ende des Krieges bedeutete zugleich das Ende für das alte Herzogtum Kärnten: Die provisorische Kärntner Landesversammlung unter der Führung von Arthur Lemisch erklärte am 11. November 1918 den Beitritt zur Republik Deutschösterreich. Am 1. Dezember 1918 wurde das SHS-Königreich (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen) gegründet. Dieses beanspruchte im Zuge der Ablösung Sloweniens vom österreichischen Staatenverbund das gesamte Südkärntner Gebiet, und bis Anfang Dezember hatten Truppen unter General Rudolf Maister bereits Ferlach, Völkermarkt und Bleiburg besetzt. Am 5. Dezember beschloss die Kärntner Landesversammlung, die ihrerseits die Südgrenze Kärntens entlang des Karawanken-Gebirgszug festgelegt haben wollte, den bewaffneten Widerstand. Bis zum 7. Mai 1919 wurden alle bis auf die laut Waffenstillstandsvertrag geräumten Gebiete entsetzt.

– Aufgrund der Abkommen im Friedensvertrags von St. Germain von 1919 kam das Kanaltal an Italien, das Mießtal, Unterdrauburg und die Gemeinde Seeland (Kankertal) an das SHS-Königreich – was für Kärnten den Verlust von immerhin 8 % des Territoriums und 6 % der Bevölkerung bedeutete –; für den Verbleib Südkärntens wurde eine Volksabstimmung festgelegt. Die Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 ergab bei einer fast 100%igen Wahlbeteiligung, dass die Mehrheit der Bevölkerung (59,04 %) für einen Verbleib Kärntens bei Österreich stimmte. Das Ergebnis der Abstimmung implizierte, dass fast die Hälfte der Slowenen, die im Abstimmungsgebiet rund 70 % der Wähler stellten, für den Verbleib bei Österreich gestimmt hatten, nachdem ihnen seitens der Landesregierung kurz vor der Wahl weitgehende Minderheitsrechte zugesagt wurden.

– zwar versuchte der SHS-Staat nach der Volksabstimmung neuerlich, Kärnten zu besetzen, musste aber seine Truppen aufgrund internationaler diplomatischer Proteste bis 22. November 1920 aus dem Abstimmungsgebiet abziehen. Die 1920 festgelegten Grenzen Kärntens sind bis heute unverändert geblieben.

– das Ergebnis der Volksabstimmung wurde als großer Erfolg gefeiert. Das Land litt jedoch an den Folgen der Kriegswirtschaft. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Kohle, an denen vor allem akuter Mangel herrschte, war aufgrund der abgeschnittenen Handelsverbindungen in die ehemaligen Gebiete der Donaumonarchie problematisch. Die Folge davon war der Anstieg der Inflation und der Arbeitslosigkeit, die zu einer wirtschaftlichen Krise in Kärnten führte. Zudem polarisierte sich das politische Leben seit den frühen 1920er Jahren zusehends. Mit den konservativen „Heimatschützern“ und dem sozialdemokratischen „Republikanischen Schutzbund“ standen sich sogar zwei paramilitärische Verbände mit gegensätzlicher Weltanschauung gegenüber. Allerdings kam es zunächst nicht zu ernsthaften Auseinandersetzungen.
Ab Mitte der 20er Jahre entspannte sich die Situation allmählich. Im überwiegend auf Agrarwirtschaft ausgerichteten Kärnten zog der Fortschritt zunächst in den Städten ein: 1924 nahm die Radio Verkehrs AG ihren Sendebetrieb auf, 1925 wurde der Flughafen Klagenfurt eröffnet. In zahlreichen Städten und Gemeinden begann man verstärkt in den Fremdenverkehr zu investieren; so wurden beispielsweise am 3. Juli 1927 die wiedererbaute Naßfeldhütte des Alpenvereins auf dem Naßfeld im Gailtal eröffnet, ab 1928 das Strandbad Klagenfurt am Wörthersee ausgebaut, und in Oberkärnten mit dem Bau der Großglockner-Hochalpenstraße begonnen, die 1935 für den Verkehr freigegeben wurde.

– auf die Ansätze des wirtschaftlichen Aufschwungs und des Optimismus folgte die Weltwirtschaftskrise der beginnenden 1930er Jahre, die in Kärnten die Schließung von Hüttenwerken, einen Verfall der Viehpreise, fallende Nachfrage nach Produkten der holzverarbeitenden Industrie sowie einen erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge hatte. Angesichts dieser gesellschaftlichen Situation verschärfte sich auch das politische Klima wieder, Sozialdemokraten und Kommunisten auf der einen sowie die Heimwehren und die Nationalsozialisten auf der anderen Seite gerieten bei Aufmärschen aneinander.
Am Tag des Rücktrittes von Bundeskanzler Schuschnigg, dem 11. März 1938, kam es in den Kärntner Städten Klagenfurt und Villach zu Demonstrationen der Nationalsozialisten. Im Amtsgebäude der Landesregierung erzwangen der NSDAP-Gauleiter Franz Kutschera sowie Wladimir von Pawlowski von Landeshauptmann Arnold Sucher die Übergabe des Amtes an Pawlowski. Bereits am Tag darauf befand sich die gesamte Verwaltung Kärntens inklusive der Gemeinden in Händen der Nationalsozialisten, die damit als erstes Bundesland Österreichs die Machtübernahme melden konnten. Bei der „Volksabstimmung“ über den „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich stimmten am 10. April 1938 in Kärnten 99,83 % der Stimmberechtigten mit „Ja“. In 105 so genannten „Führergemeinden“ gab es keine einzige Nein-Stimme. Im Vorfeld war durch die Propaganda eine Verbindung mit der Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 hergestellt worden.

– bereits im Oktober 1938 wurde Osttirol dem Gau Kärnten angegliedert. Dieser blieb zunächst ein Partei-Gau und wurde erst mit 1. Mai 1939 ein Reichsgau. Nach der Kapitulation Jugoslawiens am 17. April 1941 (Balkanfeldzug) wurden das Mießtal und Oberkrain vom Deutschen Reich besetzt und unter die Verwaltung von Kärnten gestellt.
– nach dem „Anschluss“ Österreichs gab es im gemischtsprachigen Teil Kärntens verschiedene Spekulationen: Die einen befürchteten die Abtretung des Gebietes an das mit Deutschland befreundete Jugoslawien, die Slowenen befürchteten Diskriminierung und Verfolgung. Führende Vertreter der Kärntner Slowenen bemühten sich um ein gutes Einvernehmen mit den neuen Machthabern und empfahlen sogar ein „Ja“ bei der Abstimmung am 10. April. Ab August 1938 war die Volkstumsstelle des Reichsinnenministeriums in Klagenfurt für die Slowenenfrage zuständig. Die letzten zweisprachigen Ortstafeln verschwanden noch 1938, im Mai 1939 gab es keinen zweisprachigen Unterricht mehr. Nach dem deutsch-italienischen Abkommen über die Umsiedlung der deutschsprachigen Bewohner wurden im Herbst 1939 in Kärnten Überlegungen angestellt, die Kanaltaler Bevölkerung in Südkärnten anzusiedeln.

– Kärnten blieb lange von direkten Kriegsereignissen verschont. Erst seit Ende 1943 lag Kärnten in Reichweite alliierter Flugplätze in Süditalien (Foggia). Klagenfurt wurde erstmals am 16. Jänner 1944 aus der Luft angegriffen; der Angriff forderte 234 Todesopfer. Auf Klagenfurt fanden insgesamt 40, auf den wichtigen Verkehrsknotenpunkt Villach 39 größere Luftangriffe statt. Villach war nach Wiener Neustadt die am stärksten zerstörte Stadt Österreichs. Alliierte Truppen erreichten Kärnten erst nach dem Waffenstillstand, so dass Kärnten von schweren Gefechten verschont blieb.

– die Britische Armee hatte nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht an der italienischen Front am Nachmittag des 7. Mai die Kärntner Grenze erreicht und rückte am Vormittag des 8. Mai in Klagenfurt ein, nur wenige Stunden vor dem Eintreffen von Verbänden der kommunistischen Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee, die Gebietsansprüche Titos sichern sollten. Die Briten stellten sogleich klar, dass sie einen Verbleib der jugoslawischen Truppen in Kärnten nicht dulden würden, und demonstrierten dies u. a. mit dem Aufstellen von Kanonen auf dem Neuen Platz und vor dem Landhaus in Klagenfurt. Nachdem diplomatischer Druck und militärische Drohgebärden erfolglos blieben, wurden die jugoslawischen Truppen am 16. Mai unter sowjetischen Befehl gestellt. Die Sowjets waren an einer Einhaltung der ausgehandelten Besatzungszonen interessiert und befahlen den Rückzug aus Kärnten, der in den folgenden Tagen erfolgte.

– Hans Piesch wurde am 24. Juli 1945 von der Britischen Besatzungsmacht als Landeshauptmann anerkannt und durch die Landtagswahlen am 25. November 1945 bestätigt. Er hatte dieses Amt aber nur eineinhalb Jahre inne; er trat im April 1947 zurück, als ihm seine NSDAP-Mitgliedschaft während der NS-Zeit vorgeworfen wurde. Sein Nachfolger wurde Ferdinand Wedenig (SPÖ). Nach der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags 1955 zog die britische Besatzungsmacht bis Ende Oktober ab.

– die Umsetzung der im Artikel 7 des Staatsvertrags der slowenischen Minderheit zugesicherten Rechte sorgte in der Zweiten Republik für harte politische Auseinandersetzungen, die sich am heftigsten im symbolisch stark aufgeladenen Ortstafelstreit äußerten. So wurden im Jahr 1972 die zur Erfüllung von völker- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen aufgestellten zweisprachigen topographischen Aufschriften von slowenenfeindlichen Bewohnern im Zuge des sogenannten Ortstafelsturms wieder entfernt. Die Topographieverordnung von 1977 legte den slowenischsprachigen Bevölkerungsanteil mit 25 % fest. Dieser Prozentsatz wurde im Jahr 2001 vom österreichischen Verfassungsgerichtshof als zu hoch und deshalb verfassungswidrig aufgehoben. Die Lösung der Frage erfolgte erst 2011 im Konsens zwischen Bundesregierung, Landesregierung und den meisten Vertretungen der Minderheit. (Quelle: wikipedia);