04) Tschechoslowakei (ab 1919)

– Die Tschechoslowakei (tschechisch Československo; slowakisch Česko-Slovensko; = am längsten bestehende amtliche Bezeichnung Tschechoslowakische Republik, ČSR), war ein von 1918 bis 1992 bestehender Binnenstaat in Mitteleuropa, auf dem Gebiet der heutigen Staaten Tschechien, Slowakei und einem Teil der Ukraine. Die Tschechoslowakei war einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns und bestand aus den Ländern Böhmen, Mähren, Schlesien, der Slowakei und bis 1946 auch aus der Karpatenukraine.

– Die Tschechoslowakei wurde am 28. Oktober 1918 in der neuen Hauptstadt Prag als freiheitlich-demokratischer und sozialer Rechtsstaat nach westlichem Vorbild proklamiert. Die Tschechoslowakei bestand aus dem tschechischen, dem slowakischen und bis 1946 dem karpatenrussischen Landesteil (Podkarpatská Rus, Karpatoukraine, Karpatenukraine). Der tschechische Teil wurde aus den Ländern Böhmen, Mähren und Schlesien gebildet. Dieses bestand seinerseits aus dem ehemaligen Österreichisch-Schlesien und dem vorher preußischen Gebiet um Hultschin, aber ohne einen Gebietsstreifen östlich von Teschen, der nach dem Polnisch-Tschechoslowakischen Grenzkrieg an Polen fiel, das sogenannte Olsagebiet.

– Die Grenzen des Tschechoslowakischen Staates waren bei seiner Unabhängigkeitserklärung 1918 noch unbestimmt. Erst in den Verträgen von Saint-Germain 1919 wurden die Grenzen der Tschechoslowakei vorerst festgeschrieben. Österreich musste 1920 noch separat zwei kleine Gebiete Niederösterreichs abtreten. Nach dem Vertrag von Trianon 1919 wurde die Karpatenukraine an den neuen Staat angegliedert und es kam zur Grenzlegung mit Ungarn. 1920 musste Deutschland nach dem Friedensvertrag von Versailles das Hultschiner Ländchen (tschechisch Hlučínsko) abtreten. 1919 brach mit Polen ein Grenzkrieg um das umstrittene Olsagebiet aus, den die Tschechoslowakei 1920 für sich entscheiden konnte. Die Fläche der Tschechoslowakei betrug danach bis 1920 140.446 km². Mit dem Königreich Rumänien kam es im Zuge des Vertrags von Sèvres zu einem kleineren Gebietsaustausch in der Karpatenukraine (1921); dabei wurde ein an der Grenze zum slowakischen Landesteil gelegenes Gebiet gegen ein weiter östlich gelegenes Gebiet getauscht. Der neue Staat hatte damit von 1921 bis 1938 eine Fläche von 140.800 km².

– Die Verwaltungsgliederung wurde bei der Gründung der Tschechoslowakischen Republik eng an die Verwaltungsgliederung Österreich-Ungarns angelehnt. Gemeinden gehörten zu politischen Bezirken (politické okresy) und diese zu Kreisen (Kraje). Die Länder der Tschechoslowakei wurden 1920 nach einer fast zweijährigen Debatte im Parlament und dem gescheiterten Versuch, Grafschaften zu schaffen, in mehrere Kraje (Kreise) eingeteilt. Böhmen wurde in neun, Mähren in vier, Schlesien in einen, die Slowakei in sechs und die Karpatenukraine in einen großen Kraj geteilt. Diese Ordnung blieb bis 1948 erhalten. Die 21 bzw. 20 (nach 1921) Kraje der Tschechoslowakei waren:
– Böhmen: Prag (I), Pardubice (II), Hradec Králové (III), Mladá Boleslav (IV), Česká Lípa (V), Louny (VI), Karlsbad (VII), Pilsen (VIII) und Budweis (IX);
– Mähren: Jihlava (X), Brno (XI), Olomouc (XII) und Uherské Hradiště (XIII);
– Schlesien: Ostrava (XIV);
– Slowakei: Těšín (XXI) (wurde 1921 aufgelöst), Bratislava (XV), Nitra (XVI), Zvolen (XVII), Martin (XVIII) und Liptovský Mikuláš (XIX);
– Karpatenukraine: Košice (XX);

– Das Staatsgebiet der Tschechoslowakei wurde 1928 in fünf historische Länder (země) eingeteilt. Alle Länder waren in Kreise unterteilt. Diese Verwaltungsgliederung blieb bis zum Münchner Abkommen 1938

– Der direkte historische Vorläufer des Okres waren die 1850 in der Österreichischen Monarchie eingeführten „Politischen Bezirke“ (als politický Okres, Pl. politické Okresy übersetzt), die vor allem nach 1867 (Österreichisch-Ungarischer Ausgleich) auf dem später tschechoslowakischem Gebiet recht unterschiedlich konzipiert waren (vgl. Politische Bezirke in Böhmen, Politische Bezirke in Mähren, Komitate Ungarns in der heutigen Slowakei). In der neu entstandenen Tschechoslowakei wurde im Jahr 1922 der altösterreichische Bezirksbegriff im Wesentlichen übernommen. 1927 wurde Böhmen in 103, Mähren und Schlesien in 79 und 45, die Slowakei in 12 und die Karpatenukraine in einen Okres eingeteilt.

– Nach dem Münchner Abkommen und dem Ersten Wiener Schiedsspruch im Jahr 1938 musste die Republik das Sudetenland an NS-Deutschland und Teile der Südslowakei an Ungarn abtreten. Im März 1939 wurde die Tschechoslowakei von der Wehrmacht „zerschlagen“ und das Protektorat Böhmen und Mähren sowie der Slowakische Staat proklamiert. Während der Zeit des Reichsprotektorat Böhmen und Mähren bestanden die Politischen Bezirke weitgehend fort, während im Reichsgau Sudetenland Landkreise eingeführt wurden.

– Durch das Münchner Abkommen 1938 verlor die Tschechoslowakei etwa 14 % ihrer Staatsfläche. Ungarn erhielt durch den Ersten Wiener Schiedsspruch 11.882 km² der südlichen Slowakei. Polen erwarb die Stadt Teschen mit deren Umgebung (etwa 906 km²) und zwei kleinere Grenzgebiete in der nördlichen Slowakei, die Regionen Zips und Orava (226 km²). Die Fläche der Gebietsverluste betrug im Gesamten 41.442 km² (etwa ein Viertel des Staatsgebiets). 1939 waren der Tschechoslowakei nur noch 99.348 km². Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Republik in ihren Grenzen von 1937 wiederhergestellt; bei Bratislava konnte 1946 der sogenannte Pressburger Brückenkopf vergrößert und ein 4.400 km² großer Landesstreifen im Osten zu Lasten Ungarns erworben werden. Das von der Tschechoslowakei kontrollierte Gebiet hatte nun eine Fläche von 144.846 km² und bedeutete für das Land die größte Ausdehnung in seiner Geschichte. 1946 wurde die Karpatenukraine nach einem Abkommen von 1945 an die Sowjetunion abgetreten. Das Staatsgebiet verlor 12.777 km² und umfasste bis 1992 noch 127.876 km².

– Die nach dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellte Republik musste 1946 die Karpatenukraine an die Sowjetunion abtreten und geriet nach dem Februarumsturz 1948 in den kommunistischen Einflussbereich. Die Herrschaft der Kommunistischen Partei dauerte bis zur Samtenen Revolution im Jahr 1989. Am 31. Dezember 1992 wurde der Staat aufgelöst und die Tschechische sowie die Slowakische Republik gegründet. Im Jahr 1946 wurde die Unterteilung der Einheit Okres teilweise neu strukturiert. Zum 1. Februar 1949 und zum 11. April 1960 erfolgte in der Tschechoslowakei eine größere Territorialreform, bei der die Anzahl der Bezirke reduziert wurde. Seit der Teilung der Tschechoslowakei 1992 existieren die Bezirke sowohl in Tschechien als auch in der Slowakei weiter. (Quelle: wikipedia);