05) Bundesland - Steiermark

– Für die Steiermark als Bundesland der Republik Österreich (wie der Staat seit 21. Oktober 1919 auf Grund der Ratifizierung des Friedensvertrages von Saint-Germain genannt wurde) war die Demokratisierung der Landesverfassung eine der ersten Aufgaben. Die vollziehende Gewalt wurde der Landesregierung übertragen, die vom Landtag gewählt wurde und aus dem Landeshauptmann, zwei Stellvertretern des Landeshauptmannes und mehreren Landesräten bestand.

– die provisorische Landesversammlung wollte die Festlegung der Südgrenze des Bundeslandes Verhandlungen mit den Slowenen bzw. dem zu schließenden Friedensvertrag überlassen und ging davon aus, dass das Draugebiet Österreich zufallen würde. Die Slowenen gingen allerdings unter dem bisherigen k.u.k. Major und nunmehrigen slowenischen General Rudolf Maister, der in Marburg an der Drau stationiert war, sofort daran, Fakten zu schaffen. Sich unter seinen Befehl stellende k.u.k. Truppenteile und slowenische Freiwillige besetzten die Untersteiermark, ohne bei der deutschsprachigen Minderheit wesentlichen Widerstand zu finden. Auch Spielfeld und Orte nördlich der Mur an der Bahn nach Radkersburg wurden besetzt, um die slowenische Nordgrenze zu sichern. Ein spezielles Problem stellte die überwiegend deutschsprachige Stadt Marburg dar, die mit ihren Nachbardörfern eine deutsche Sprachinsel bildete, die ungefähr 15 Kilometer südlich der neuen Staatsgrenze lag. Ein paar Wochen im November 1918 stellten die Marburger, allerdings vergeblich, sogar eine Bürgerwehr auf, um die Machtübernahme durch die Slowenen zu verhindern. Deutschösterreich beanspruchte die Stadt für sich und wollte auch den zwischen Marburg und der Südgrenze des deutschen Siedlungsgebiets liegenden, ca. 15 km breiten, slowenisch besiedelten Gebietsstreifen bei Österreich belassen sehen. Der Vertrag von Saint-Germain nahm aber auf diese Wünsche keine Rücksicht. Er ließ nicht nur die deutschen Sprachinseln unberücksichtigt, sondern sprach auch das rein deutschsprachige Abstaller Becken dem SHS-Staat zu; deutschösterreichische Enklaven in Slowenien wurden nicht in Erwägung gezogen; die gesamte Untersteiermark verblieb nun auch völkerrechtlich bei Slowenien. Die österreichische Steiermark verkleinerte sich dadurch gegenüber dem früheren Herzogtum um 6.024 km² auf 16.401 km², das ist Rang 2 unter den später neun Bundesländern der Republik. Im SHS-Staat wurde die Untersteiermark vorerst mit Krain zum Draubanat zusammengeschlossen. Heute bildet sie mit dem Namen Štajerska (= Steiermark) ungefähr das östliche Drittel Sloweniens.

– für die Mehrheit der deutschsprachigen Österreicher war der Zerfall der großen k. u. k. Doppelmonarchie ein traumatisches Ereignis. Dem neuen Kleinstaat mangelte es von Anbeginn an Selbstbewusstsein. Große Teile der Bevölkerung und der Politiker befürworteten den Anschluss an Deutschland, der daher am 12. November 1918 zugleich mit der Erklärung Deutschösterreichs zur Republik beschlossen wurde.
In St. Germain unterschrieb Österreich (der Staatsname Deutschösterreich wurde von den Siegern nicht akzeptiert) aber, dass es auf Dauer selbstständig und von Deutschland unabhängig bleiben werde (das Deutsche Reich wurde im Vertrag von Versailles analog verpflichtet). In der Steiermark wurde der Deutschnationalismus bzw. in späteren Jahren der Nationalsozialismus dennoch ein bestimmender Faktor, was bereits 1921 den Versuch eines steirischen Alleingangs in der Anschlussfrage unter Landeshauptmann Anton Rintelen zur Folge hatte. Auf Druck der Alliierten Siegermächte musste die von Rintelen zu dieser Frage anberaumte Volksabstimmung jedoch abgesagt werden.

– ab 1930 nahmen die politischen Spannungen zu. Die politischen Parteien umgaben sich mit paramilitärischen Verbänden. Es gab häufig Zusammenstöße. Die Heimwehr gewann vornehmlich unter der ländlichen Bevölkerung Anhänger, während die Arbeiterschaft der Industrieorte ein festes Bollwerk der Sozialdemokratie bildete. Der Republikanische Schutzbund war die paramilitärische Organisation der Sozialdemokraten. Im September 1931 versuchte die Heimwehr unter dem Judenburger Rechtsanwalt Walter Pfrimer einen Putsch, der aber sehr rasch zusammenbrach. Auch die Nationalsozialisten begannen sich nach 1930 immer stärker bemerkbar zu machen. Nachdem der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß 1933 eine Parlamentskrise benützt hatte, um eine autoritäre Ständestaatregierung zu installieren, brach der Aufstand der Sozialdemokraten im Februar 1934 offen aus. Davon war auch die Steiermark stark betroffen, wo sozialdemokratische Arbeiter in Graz und in den obersteirischen Industriestädten den Generalstreik ausriefen und zu den Waffen griffen.

– der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich war eines der erklärten Ziele Adolf Hitlers. Die scheinbar aussichtslose politische und wirtschaftliche Situation Österreichs hatte der tief verwurzelten Idee des Anschlusses an Deutschland Auftrieb gegeben. Schon in den Jahren vor dem Anschluss wurde die illegale NSDAP zu einer Massenbewegung: Arbeiter, Kleinbürger, Bauern, Landarbeiter und Studenten waren dabei. Im Februar 1938 verstärkte Hitler den Druck auf die österreichische Regierung Schuschnigg. Diese hob das Parteiverbot für die österreichischen Nationalsozialisten auf, und zwei Nationalsozialisten wurden als Regierungsmitglieder aufgenommen, darunter Arthur Seyß-Inquart als Innen- und Sicherheitsminister.

– mit 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Nun wurden die Lebensumstände der Menschen immer mehr von den Notwendigkeiten des Krieges bestimmt. Bis 1940/41 gab es laut Neugebauer wegen der Überwindung der Massenarbeitslosigkeit, der kriegslosen Übernahme Tschechiens und der folgenden „Blitzkriege“ (z. B. ansatzlose Niederwerfung Polens in nur sechs Wochen) über die Parteimitglieder hinaus Zustimmung zum NS-System. Als klar wurde, dass gegen die im Sommer 1941 angegriffene Sowjetunion kein schneller Sieg möglich war, Deutschland auch den Vereinigten Staaten den Krieg erklärte, sich der Feldzug im Osten 1942/43 mit der Schlacht von Stalingrad in einen schrittweisen Rückzug wandelte und immer mehr Gefallene zu beklagen waren, wurde die NS-Begeisterung deutlich schwächer.

– Anfang April 1941 eroberte die Wehrmacht im Balkanfeldzug Jugoslawien, das von Italien und Deutschland besetzt und aufgelöst wurde. Die Untersteiermark und Teile von Oberkrain kamen zum Deutschen Reich. Die Untersteiermark wurde nicht direkt an den Reichsgau Steiermark angeschlossen, sondern wurde als „CdZ-Gebiet Untersteiermark“ geführt (CdZ = Chef der Zivilverwaltung). Hitler setzte den steirischen Gauleiter Uiberreither zusätzlich als Chef der Zivilverwaltung für die Untersteiermark ein.

– am 29. März 1945 überschritten Sowjetsoldaten der 3. Ukrainischen Front bei Klostermarienberg (Burgenland) nördlich des Geschriebensteins die Grenze von Ungarn zum Reichsgau Steiermark. Am 8. Mai 1945 wurde eine provisorische steirische Landesregierung gebildet, bei der der Sozialist Reinhard Machold die Funktion des provisorischen Landeshauptmannes übernahm. In der Nacht zum 9. Mai marschierte die Rote Armee in Graz ein, übernahm faktisch die Regierungsgewalt und besetzte in den folgenden Tagen einen Großteil der Steiermark. Nur das obere Murtal bis Judenburg wurde von den Briten besetzt und das obere Ennstal von den Amerikanern. Auf Grund einer Vereinbarung der vier Besatzungsmächte übernahmen am 24. Juli 1945 die Briten das Ruder im ganzen Land, was von der Bevölkerung sehr positiv gesehen wurde. In der Anfangsphase ging politisch nichts ohne den britischen Hochkommissar. Nach dem Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages verließen im September 1955 die letzten britischen Besatzungssoldaten mit ihren Familien die Steiermark.

– die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der Steiermark in den Jahren seit 1955 unterscheidet sich kaum von jener der anderen österreichischen Bundesländer. In den ersten Jahren nach dem Staatsvertrag waren jene österreichischen Regionen, die unmittelbar an den Eisernen Vorhang grenzten, in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, da sie praktisch an einer toten Grenze lebten, über die es kaum einen Kontakt oder Warenaustausch mit den jugoslawischen, ungarischen und tschechoslowakischen Nachbarn gab. Dies wirkte sich auch auf die süd- und oststeirischen Bezirke aus.

– die wirtschaftliche Situation der Steiermark war bis zirka 1970 stark von der in der Mur-Mürz-Furche angesiedelten Stahl- und Eisenindustrie bestimmt. Da inzwischen vor allem im Raum in und um Graz, aber auch in anderen Teilen der Steiermark neue Industrien entstanden sind, ist die Beschäftigungslage in der Steiermark insgesamt weiterhin zufriedenstellend geblieben. Diese Entwicklung führte aber zu einer Reduzierung der Einwohnerzahlen in den meisten obersteirischen Bezirken und zu einer deutlichen Zunahme der Einwohner in den südlichen Bezirken, vor allem in und um Graz (Quelle: wikipedia);