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die Jahre 1894 bis 1899

Die zwei Geburtsstätten des Wiener Fußballsports: Döbling und der Prater;
Seine Vorkämpfer und Pioniere: die „Vienna“ und die „Cricketer“, die beiden ältesten Vereine von Wien;
Die „Vienna“ ist der älteste. Das ist aktenmäßig festgestellt, wenn auch nur ein einziger Tag den Vorsprung der Döblinger „Blaugelben“ bildet. Um einen einzigen Tag haben sie ihre Satzungen früher als die „Cricketer“ bei der Statthalterei zur Genehmigung eingereicht und dieses einen Tages wegen können sie sich stolz First Vienna Football Club nennen. Die Widersacher aber mussten sich mit dem Namen: Vienna Cricket and Football Club begnügen und das Wort „First“ streichen.
Warum die ersten Wiener Fußballklubs englische Namen wählten? Kein Wunder, das Spiel kam ja aus England und Engländer waren es, die es hierher verpflanzten und Engländer standen Pate an der Wiege der Vereine. Die Gärtner Rothschilds auf der Hohen Warte waren die Gründer der „Vienna“ und englische Geschäftsleute fanden sich auf der alten Jesuitenwiese im Prater zur Ausübung des in der Heimat betriebenen und in der Fremde schmerzlich vermissten Lieblingssports zusammen.

Das Geburtsjahr des Wiener und damit des Österreichischen Fußballsports ist 1894. Am 15. November fand das erste Fußballspiel in Wien statt. Die „Vienna“ und die „Cricketer“, diese abgekürzten Bezeichnungen bürgerten sich bald ein, spielten gegeneinander in Heiligenstadt auf der sogenannten Kuglerwiese. Die „Cricketer“ gewannen 4:0 und siegten auch im Rückspiel, das am 25. November im Prater ausgetragen wurde, mit dem gleichen Resultat.

Die Spiele der „Vienna“ und der „Cricketer“ fanden bald Zulauf und schnell sprach es sich unter der Jugend herum, welch neuer Sport da draußen in Döbling und da drunten im Prater betrieben würde. Begreiflicherweise gewann der Sport zuerst unter jenem Teile der Wiener Jugend an Ausdehnung, der dem Quartier der der beiden bestehenden Vereine am nächsten wohnte. Im Prater also in der Nähe der Hohen Warte entstanden die ersten „wilden“ Klubs, von denen die Namen „Training“, „Hungaria“, „Austria“, „Vindobona“ oder „Olympia“ auf die Nachwelt gekommen sind. Auch der Deutschösterreichische Turnverein stellte eine Mannschaft auf, die sich später von ihrem Stammverein trennte und unter dem Namen Wiener Fußball Club von 1898 eine sehr beachtenswerte Spielstärke erreichte.
Im Herbst 1895 erscheint auch schon eine Grazer Mannschaft in Wien und zwar der Grazer Akademisch-technische Radfahr-Verein.
Ungemein wertvoll aber wurden für die Wiener Vereine die sportliche Beziehung mit Prag und seinen Vereinen, der „Regatta“, der „Lesehalle“ und später dem Deutschen Fußball Club und der „Slavia“. Die Prager waren den Wienern an Spielkunst bedeutend voraus.

Genau drei Jahre nach nach dem ersten Match zwischen den „Cricketern“ und der „Vienna“ fand abermals ein Spiel dieser beiden Vereine statt. Diesmal aber ging es um eine ganz besondere Trophäe. Ein sportbegeistertes Mitglied der „Cricketer“, Mr. Gramlick, hatte nämlich einen sehr schönen Silberpokal als „Challenge-Cup“ gestiftet. Es sollte ein Wanderpreis sein, offen für alle Vereine der österreichisch-ungarischen Monarchie, der dreimal hintereinander gewonnen werden müsste, bis er in den endgültigen Besitz des Sieger übergehen durfte.
In diesem „Challenge-Cup“ Spiel am 15. November 1897 erschien nun auf der Seite der „Vienna“ ein neuer englischer Spieler, der bald von einer nicht hoch genug einzuschätzenden Bedeutung für den Wiener Fußballsport wurde. Es war dies M. D. Nicholson, ein ehemaliger Professionalspieler, der als Angestellter des Reisebüros Cook nach Wien gekommen war. Seine Tätigkeit bedeutete eine Glanzperiode für den Döblinger Verein, aber auch der gesamte Wiener Fußballsport hat ihm namentlich in organisatorischer Hinsicht sehr viel zu verdanken. Nicholson ist als der Gründer des Fußball-Verbandes anzusehen. Er regte durch seinen Verein die Gründung eines „Komitees zur Veranstaltung von Fußballwettspielen“ an. Dieses Komitee war der Vorläufer der späteren Fußball-Union, die sich dann im Jahre 1904 in den Österreichischen Fußball-Verband umwandelte.

Der Beginn des Jahres 1899 brachte auch den ersten Anfang des niederösterreichischen Provinzsports. In Baden gründete sich eine Sektion der „Vienna“ und seit dieser Zeit blieb Baden stets eine beachtenswerte Pflegestätte des Fußballsports.
Am 12. März 1899 fand auch das erste Spiel einer repräsentativen Wiener Mannschaft statt. Eine kombinierte Wiener Mannschaft spielte nämlich an diesem Tage in Prag gegen eine Mannschaft der Böhmischen Athleten-Union, des ersten Verbandes der tschechischen Fußballvereine. Das Spiel endete 2:2 unentschieden.
Ostern 1899 aber sollten für den Wiener Fußballsport von der größten Bedeutung werden. Über Einladung des genannten Komitees erschienen in Wien die Oxforder Studenten und zeigten den verblüfften Wienern, wie man eigentlich das Fußballspiel betreiben müsse. Die Engländer spielten in Prag, Wien und Budapest und feierten überall überlegene Siege. An zwei aufeinanderfolgenden Spieltagen lauteten die Ergebnisse 15:0 und 13:0
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Die Wende des Jahrhunderts war eine Glanzzeit für den Wiener Fußballsport. Die alten Vereine, die „Cricketer“ und die „Vienna“, rangen erbittert und mit wechselndem Erfolge um die Hegemonie , allmählich aber schob sich neben ihnen ein Dritter in die Höhe, eben der Wiener Athletiksport-Club, kurz W. A. C. genannt, der nun viele Jahre hindurch mit seiner präzisen Kombination das Feld beherrschte.
Diese Zeit brachte auch die Gründung der Fußball-Union, deren erster Präsident Nicholson war. Der um den Wiener Sport hochverdiente Engländer verließ leider bald darauf aus beruflichen Gründen Wien. Zu Ehren Nicholsons trug auch ein Wiener Fußballverein seinen Namen, aber dessen Gründung erfolgte viel später. Mit dem Abschied Nicholsons ging die erste Epoche des Wiener Fußballsports zu Ende. Wohl nahm das Spiel einen unaufhaltsamen Aufschwung, wohl wuchs unablässig die Zahl der Vereine und der Zuschauer, aber der echte Sportsgeist wurde immer seltener. Ein geschäftsmäßiger Zug kam in die Vereine und damit unausbleiblich der geheime Professionalismus, der über Jahr und Tag kein geheimer mehr war, sondern den die Spatzen vom Dach herab pfiffen.
Die letzten Monate des ausgehenden Jahrhunderts hatten noch einen recht lebhaften Sportbetrieb gesehen. Am 7. November ging auch das erste Städtespiel in Szene. Auf der Praterbahn spielte eine Auswahlmannschaft Wiens gegen eine Berliner Städteelf. Die Berliner gewannen mit 2:0
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So große Sportereignisse blieben natürlich nicht ohne Wirkung. Die Zahl der Vereine und der Spieler stieg immer mehr und es gründeten sich auch in denjenigen Bezirken Vereine, welche von den bisherigen Zentren des Fußballsports, vom Prater und von Döbling, weiter entfernt waren.
So begann es auf dem ausgedehnten Territorium des Schmelzer Exerzierfeldes lebendig zu werden. Unter den vielen Vereinen, die wie Eintagsfliegen dort entstanden und vergingen, blieb einer bestehen, dessen Ruhm bald den aller anderen erreichen und sogar überstrahlen sollte: der Arbeiter-Fußball-Club, der kurz darauf seinen Namen in Sportclub „Rapid“ umwandelte, gibt als Gründungsjahr 1899 an.
Einige Monate vorher entstand in Hernals der Fußball und Athletik-Club „Vorwärts“, einer der Vorläufer des heutigen Wiener Sportklubs. In Zwischenbrücken erblickte der Klub „Union“ das Licht der Welt, der eine sehr starke Mannschaft stellte und besonders bei den damals sehr beliebten Sechser- oder Siebener-Turnieren ein gefürchteter Gegner war.

Im Jahr 1900 gehörten der ersten Klasse vier Vereine an: W. A. C., „Cricketer“, „Vienna“ und die „98er“. In der zweiten Klasse waren eingeteilt:“Graphia“, „Rapid“, „Olympia“, Währinger Bicycle-Club und „Vorwärts“. Insgesamt gehörten der Fußball-Union 17 Klubs an, die in drei Klassen eingeteilt waren. Wien zählte damals bereits 45 fußballtreibende Vereine.

Das englische Element war um diese Zeit schon etwas in den Hintergrund getreten, aber es war doch noch stark genug, dass eine Veranstaltung „Wiener gegen Wiener Engländer“ ein ständiges Repertoirestück sein konnte. Am 25. Februar 1900 allerdings wurde es zum letzten Male ausgetragen und endete 0:0.
Nicholson hatte bei seinem Abschied gesagt, er sehe die Zeit voraus, in der das Wiener Team das beste auf den ganzen Kontinent sein werde. Ein wenig von dieser für Wien so ehrenvollen Prophezeiung sollte noch in Erfüllung gehen.

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