04) Kronland - Herzogtum Steiermark

Das Herzogtum Steiermark war ein österreichisches Kronland. Es grenzte nördlich an Ober- und Niederösterreich, östlich an Ungarn, südöstlich an Kroatien, südlich an Krain, westlich an Kärnten und Salzburg und umfasste 22.426 km². Es ist ein Alpenland, das an allen drei Hauptzügen der Ostalpen Anteil hat.
Unter der Herrschaft der Römer, während der die Kelten das Land bewohnten, gehörte der östliche Teil Steiermarks zu Pannonien, der westliche zu Noricum. Während der Völkerwanderung besetzten oder durchzogen Westgoten, Hunnen, Ostgoten, Rugier, Langobarden, Franken und Avaren nacheinander das Land. Seit 595 nahmen Slawen (Winden, weshalb früher die Gegend die Windische Mark hieß) erst den untern Teil, nach Besiegung der Avaren auch den oberen Teil desselben in Besitz. Als ein Teil dieses karantanischen Slawengebiets kam das Murland unter bayrische, dann unter karolingische Herrschaft. Das Christentum verbreitete sich in diesen Gegenden von Salzburg aus, das zum Metropolitansitz erhoben wurde und seinen Sprengel auch über das spätere Steiermark ausdehnte. Unter Karls Nachfolgern hatte es durch die feindlichen Einfälle der Magyaren sehr zu leiden. Den beträchtlichsten Teil, gegen Westen und Norden, hatten die Markgrafen von Karantanien (siehe Kärnten), den Landstrich am linken Ennsufer die Herzoge von Bayern inne. Im 10. Jahrhundert wurde Ober- und Mittelsteiermark als „Kärntner Mark“ vom Herzogtum Kärnten abgezweigt; von Otto I. Markward, dem Stammvater der Eppensteiner, verliehen, kam sie 1035 an Arnold von Lambach und 1056 an einen Verwandten Arnolds, den Grafen Ottokar von Steier im Traungau. Seitdem wurde der Name Steiermark statt des früheren „Kärntner Mark“ üblich, das Gebiet durch Erbschaft unter Ottokars Nachkommen im 12. Jahrhundert auf seinen heutigen Umfang gebracht. Ja, es dehnte sich noch weiter über den Semmering und an die Enns aus. Markgraf Ottokar II. (1164–92), unter dem Steiermark von Kaiser Friedrich I. 1180 zum Herzogtum erhoben wurde, schloss, da er ohne männliche Erben war, 1186 mit Herzog Leopold V. von Österreich den Georgenberger Erbfolgevertrag, zufolge dessen der letztere nach Ottokars Tode 1192 das Herzogtum Steiermark mit seinen Ländern vereinigte. Leopolds V. Söhne Friedrich und Leopold VI. teilten sich 1194 in die Herrschaft von Österreich und Steiermark, doch kam schon 1198 mit Friedrichs Tod beides wieder in Leopolds Hand, dem 1230 Friedrich der Streitbare folgte. Mit seinem, des letzten Babenbergers, Tode (1246) begann das für Steiermark so verderbliche Zwischenreich, in dem das Herzogtum 1254 unter Vermittlung des Papstes zwischen den Königen Ottokar II. von Böhmen und Bela IV. von Ungarn geteilt wurde. Ottokar II. besiegte die Ungarn 1260 auf dem Marchfeld bei Kroißenbrunn und wurde 1262 vom deutschen König Richard mit Österreich und Steiermark belehnt, aber 1276 vom König Rudolf von Habsburg dieser Lehen verlustig erklärt, worauf letzterer seinen ältesten Sohn, Albrecht I., als Statthalter 1282 gemeinsam mit dem jüngeren Bruder, Rudolf, 1283 allein als erblichen Landesherrn mit Steiermark belehnte. Fortan blieb Steiermark im Besitz des Hauses Habsburg. Bei der nach Rudolfs IV. Tode (1365) zwischen dessen Brüdern Albrecht III. und Leopold III. 1379 vorgenommenen Teilung fiel Steiermark mit Kärnten, Tirol etc. an den letzteren. Als dessen Söhne 1406 wiederum teilten, wurde Steiermark Ernst dem Eisernen zugesprochen. Sein ältester Sohn und Nachfolger (seit 1424) war der nachmalige Kaiser Friedrich III., der wiederum alle habsburgischen Lande vereinigte. Als 1456 die gefürsteten Grafen von Cilli ausstarben, erwarb Friedrich auf Grund früherer Verträge deren Besitzungen. Seine Regierungszeit in Steiermark war infolge der Baumkirchner Fehde und der wiederholten Einfälle der Osmanen, die besonders 1480 das Land arg verwüsteten, und der Ungarn unruhig, anderseits verdankte ihm die Hauptstadt Graz, in der er sich oftmals aufhielt, den Neubau der Burg, der Befestigung und des Domes.
In die Regierungszeit Kaiser Maximilians fällt die Vertreibung der Juden (1497) und der große Aufstand der windischen Bauern (1515). Die Lehren der deutschen Reformatoren fanden schon seit 1530 in Steiermark Eingang, und 1547 beanspruchte der Landeshauptmann Freiherr Johann Ungnad auf dem Reichstag zu Augsburg freie Religionsübung; doch konnte diese erst auf den Landtagen zu Bruck 1575 und 1578 dem Herzog Karl II., dem jüngsten Sohn Kaiser Ferdinands I., dem bei der Länderteilung 1564 Steiermark, Kärnten und Krain zugefallen war, abgenötigt werden. Um die Verbreitung der neuen Lehre zu hemmen, rief Herzog Karl 1570 die Jesuiten zu Hilfe und stiftete 1586 die hohe Schule in Graz. Sein Sohn Ferdinand II., der 1596 die Regierung übernahm, erklärte den Freiheitsbrief seines Vaters Karl II. für aufgehoben und wies 1598 die protestantischen Lehrer und Prediger aus dem Lande. Eine hierauf eingesetzte katholische Gegenreformationskommission befahl allen protestantischen Bürgern, entweder zur katholischen Religion überzutreten oder auszuwandern. Viele Protestanten schwuren damals ihr Bekenntnis ab, andere verließen die Heimat, und nur unter den mächtigen landständischen Familien erhielt sich der evangelische Glaube länger, ebenso in einzelnen Bauernfamilien in den unzugänglichen Bergen der oberen Steiermark, weshalb sich dort, nachdem Joseph II. 1781 Glaubensfreiheit proklamiert hatte, einige protestantische Gemeinden konstituierten. Im wesentlichen war schon 1600 die Gegenreformation in Steiermark durchgeführt. Ferdinand II. erbte 1619 auch die übrigen österreichischen Lande, und Steiermark blieb seitdem ein Teil derselben. Von den Leiden des Dreißigjährigen Krieges blieb Steiermark insofern verschont, als die Feinde des Kaisers dahin nicht vordrangen. Die Erfolge Ferdinands in seinen übrigen Erbländern hatten aber die Wirkung, dass die Rekatholisierung des Landes von neuem in Angriff genommen und auch der Adel zum Verlassen der Heimat oder zum Aufgeben des evangelischen Glaubens gezwungen wurde. Seit 1690 und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts hatte Steiermark unter den Türken viel zu dulden, bis die Siege des Prinzen Eugen von Savoyen diese Gefahr für immer bannten. Seit Karl VI. (1728) nahm kein Landesfürst mehr die Huldigung an, und seit 1730 bestätigte keiner die Landhandfeste mehr. Die innerösterreichische Regierung wurde aufgehoben und ihre Agenden der österreichischen Hofkanzlei in Wien übertragen, später aber unter Maria Theresia das steierische Gubernium als Unterbehörde errichtet. Fortan teilte Steiermark die Schicksale der österreichischen Monarchie und blieb auch während der Napoleonischen Kriege, während derer 1797, 1800, 1805 und 1809–10 französische Heere ins Land eindrangen, den Habsburgern erhalten. Seit dem Wiedererwachen politischen Lebens in Österreich 1860 zeigte sich der Landtag von Steiermark verfassungstreu und freisinnig, erhob 1865 seine Stimme gegen die Sistierung der Verfassung und forderte am 20. Oktober 1869 die Aufhebung des Konkordats. Das agitatorische Auftreten der Slawen (Slowenen) in Steiermark, das seit 1880 von der Regierung begünstigt wurde, bewirkte nur, dass das Deutschtum sich um so kräftiger regte und die deutschnationale Partei in Steiermark eine Hauptstütze hatte. 1883 wurde die Feier der 600jährigen Regierung des Hauses Habsburg in Anwesenheit des Kaisers Franz Josef begangen.
Den größten Reichtum besaß die Steiermark in seinen nutzbaren Mineralien. 1905 waren 61 Bergbau- und 10 Hüttenunternehmungen mit zusammen 17.619 Arbeitern im Betrieb; die Produktion ergab einen Wert von 48,1 Millionen Kronen und umfasste: 10.708.955 metrische Zentner Eisenerz, 3.509.262 metrische Zentner Roheisen, 2218 metrische Zentner Zinkerz, 27.482 metrische Zentner Zink, 39.428 metrische Zentner Schwefelerz, 89.157 metrische Zentner Graphit, 27.419.695 metrische Zentner Braunkohle und 273.849 metrische Zentner Stein-, Sud- und Industriesalz (zu Aussee). Die Zahl der Gewerbe betrug nach der Betriebszählung von 1902: 58.732 mit 190.172 beschäftigten Personen. An Verkehrsmitteln bestanden 1430 km Eisenbahnen, 5110 km Landstraßen und 584 km Wasserstraßen. Für die geistige Kultur sorgen die Universität und die Technische Hochschule in Graz, die Bergakademie in Leoben, 3 theologische Lehranstalten; an Mittelschulen 10 Gymnasien, 5 Realschulen, 2 Lehrer- und 3 Lehrerinnenbildungsanstalten, eine Handelsakademie und 11 andere Handelslehranstalten, ein Mädchenlyzeum, eine Staatsgewerbeschule, 1 gewerbliche Fach- und 41 Fortbildungsschulen, 6 Schulen für Land- und Forstwirtschaft, eine Berg- und Hüttenschule, 943 Bürger- und Volksschulen.
Die politische Einteilung des Landes zeigt folgende Tabelle:
Statutarstädte waren: Graz, Cilli, Marburg an der Drau und Pettau;
Politische Bezirke waren: Bruck an der Mur, Deutschlandsberg, Cilli (Land), Feldbach, Gonobitz, Graz (Land), Gröbming, Hartberg, Judenburg, Leibnitz, Leoben, Liezen, Luttenberg, Marburg (Land), Mürzzuschlag, Murau, Radkersburg, Rann, Voitsberg, Weiz und Windischgraz;